Moderne Methoden und Materialien für die Erhaltung und Konservierung

Für die Stabilisierung (Konservierung) von historisch erhaltenen Beschichtungen, Leder, Kunstleder, Textilien und Metallauflagen sind traditionelle Materialien und Arbeitstechniken häufig nicht geeignet. Hier haben sich  individuell zusammengestellte Materialformulierungen mit modernen Inhaltsstoffen bewährt, deren Haltbarkeit und Wirksamkeit im Bereich der Konservierung und Restaurierung von Kulturgütern erprobt sind. Genau darauf bezieht sich auch in Artikel 7 der Charta von Turin.

Soweit es mit der geplanten Nutzung des jeweiligen Fahrzeuges vereinbar ist, werden diese Formulierungen reversibel und minimalinvasiv eingesetzt. Entsprechende Festigungsmaterialien wurden beispielsweise zur Fixierung von gerissenen Lackschichten des so genannten Bu-Merc Rennwagens von 1939 in der Sammlung Collier, den historischen Farbschichten auf einem Germain-Lambert Rennwagen ("La 16") aus dem Jahr 1949 im Musée National de l'Automobile (Collection Schlumpf) und einem Polymobil von 1904 verwendet.

Fotos: REVS Institute und Brice Chalancon

Eine besondere Aufgabe waren die minimal-invasive Konservierung und Retusche des originalen "sham-canework" auf einem Rolls Royce 20/25 aus dem Jahr 1928. Die aufwendig hangemalten Dekorationen auf beiden Seiten des Fahrzeuges waren durch unbedachtes Aufkleben (- und wieder-Abziehen) von Aufklebern mit Ralley-Startnummern stark beschädigt worden. Die Stabilisierung der fragilen Farbschichten sowie die kleinteiligen, allein auf Fehlstellen begränzten farblichen Ergänzungen wurden mit reversiblem Materialien durchgeführt, die gleichzeitig eine aktive Nutzung des Fahrzeuges ermöglichen.

Genau abgestimmte Lösemittelmischungen machen es in vielen Fällen möglich, Übermalungen und alte Bearbeitungsspuren wieder zu entfernen. Mit entsprechenden Verfahren konnten beispielsweise die weiss übermalten Lederpolster eines Pegaso Z102 aus dem Musée National de l'Automobile in Mulhouse wieder auf die ursprüngliche Oberflächen in Creme und Braun freigelegt werden. Um die Sitzauflagen wieder in einen gepflegten Gebrauchszustand zu versetzen waren anschliessend nur minimale, mit feinem Pinsel eingetupfte Retuschen der Oberfläche notwendig (- es wurden keine flächigen Übermalungen ausgeführt!).

Verloren gegangene Bereiche wie die seitlichen Sitzwangen wurden mit entsprechend nachgefertigtem, braun kopfgefärbtem Leder ergänzt.

In einigen wenigen Fällen kann eine solche Freilegung auch bei überlackierten Karosserieoberflächen gelingen. Ob dies schadfrei ausführbar ist, hängt jedoch immer von der Zusammensetzung der jeweiligen Lackierungs- und Überlackierungsschichten ab. Eine Freilegung ältere Lackschichten ist besonders aufwendig und letztendlich häufig nicht schadfrei möglich, weshalb eine solcher Massnahme nur in seltenen Fällen sinnvoll ist.  Entsprechende Eingriffe müssen auf jeden Fall individuell beprobt und sehr genau abgewogen werden, um destruktive und verfälschende "Verschlimmbesserungen" zu vermeiden.

Hier gilt auf jeden Fall: "Don't try this at home!" und von allen schleifenden Verfahren muss DRINGEND abgeraten werden, da diese in der Wirktiefe nie schichtgenau gesteuert werden können! Dadurch entsteht erfahrungsgemäss Schaden als Erfolg!

Nach zahlreichen Vorversuchen wurde in meiner Werkstatt 2013 die Freilegung der herstellungszeitlichen Lackierung eines Alvis Speed 20 "Vanvooren" von 1935 durchgeführt. In diesem speziellen Fall bildete die herstellungszeitliche Kunstharzlackierung einen stabilen Untergrund, von dem sich die später über den gesamte Wagen aufgetragene gebrochen weisse Nachlackierung vorsichtig trennen liess. Nach der kleinteiligen Retusche von darunter vorhandenen älteren Schäden und Abplatzungen vor allem an den Trittbrettern und den hinteren Kotflügeln (- vermutlich Grund für die Überlackierung -) erhielt der fahrbereiten Wagen wieder ein gepflegtes historisches Erscheinungsbild.

Auch gerissene Bereiche und Schäden in Lederoberflächen können hinterlegt und wieder geschlossen werden. In vielen Fällen können dabei auch grössere Bereiche hinterlegt und verstärkt werden, ohne die Sitzpolster zu öffnen aufzutrennen oder abzuziehen, was sehr viel weniger mechainscher Stress auf die die historische Substanz ausübt  und hilft, "Kollateralschäden" zu vermeiden. So bleibt die eine historische Innenausstattung eines Fahrzeuges mit ihren natürlichen Alterungsspuren, gleichzeitig aber auch die Nutzbarkeit des Fahrzeuges bestehen.  Eines von zahlreichen Beispielen dafür ist die Bearbeitung der  Sitzpolster eines Jaguar XK 120 aus dem Jahr 1950, die auf diese Weise erhalten werden konnten.

Für stark beanspruchte oder extrem geschwächte Sitze können auch an die historischen Oberflächen angepasste, originalgetreue "Fahr-Polster" angefertigt werden, die beim Gebrauch des Fahrzeuges zum Einsatz kommen, während die ursprünglichen Sitzpolster mit dem Fahrzeug aufbewahrt bzw. ausgestellt werden (s. dazu "Historische Materialien").

Die Risse im originalen Verdeck eines Packard Twin 6 Baujahr 1916 konnten mit Hilfe von massgeschneiderten Konservierungsmaterialien und einer speziellen Spannvorrichtung wieder geschlossen und fahrtauglich stabilisiert werden. Damit nimmt die Konstruktion nun die selbst im schonenden Betrieb auftretenden Zugkräfte wieder gleichmässig auf und der Bestand wurde optisch unauffällig gesichert.

Alle Bearbeitungskonzepte und die verwendeten Materialien werden individuell für das jeweilige Projekt ausgearbeitet. In Zusammenarbeit mit spezialisierten Labors und Manufakturen wurden dafür auch schon ganz neue Materialformulierungen und Methoden für besondere Aufgabenstellungen entwickelt, getestet und hergestellt.  Dazu gehören beispielsweise besondere  Pigmentpräparationen, reversible Festigungsmittel, die den Anforderungen des  Fahrbetriebes besonders gut standhalten oder ein für lackierte originale Karosserieoberflächen massgeschneidertes Konservierungswachs mit geprüft korrosionsschützender Wirkung.

Diese Forschungsarbeit wird kontinuierlich weitergeführt, um die Möglichkeiten zur betriebsfähigen Konservierung von historisch erhaltenen Fahrzeugen kontinuierlich zu erweitern.

 

Weitere Informationen zu einzelnen Projekten und Anwendungen finden Sie in der Rubrik "News".